Der siebzehnjährige Robin hat es grade nicht so leicht. Sein Freund steht nicht öffentlich zu ihm und hängt mit homophoben Blödmännern rum, eine Absage von der Schauspielschule wirft ihn aus der Bahn und zu allem Überfluss gibt es auch noch einen Neuen in der Klasse, der ihn komplett verwirrt.
Damit er auf andere Gedanken kommt, schleppen ihn seine Freund*innen Natalie, Priya und Greg an seinem Geburtstag in einen Gay Club, in dem eine Drag-Veranstaltung stattfindet. Robin ist sofort hin und weg von den bunten, tanzenden und singenden Queens. Ob er das auch könnte?
"In all seinen Farben" ist ein richtig schönes Jugendbuch mit einem tollen Protagonisten. Robin ist ein eher sensibler, freundlicher Junge, der auch kein Problem damit hat, seinen Tränen freien Lauf zu lassen.
Er hat ein sehr gutes Verhältnis zu seiner Mutter und Freundschaften, die ihm wichtig sind. Im Laufe der Geschichte lügt er ein paar Mal, um seine neue Leidenschaft auszutesten, allerdings finde ich das gar nicht so schlimm wie die Leute in seinem Umfeld.
Robins Kumpel Greg ist eine Art sanfter Riese, den ich sehr mochte. Priya, seine Mitschülerin im Tanzkurs, taucht nicht ganz so oft auf, war mir aber sympathisch. Am wichtigsten ist ihm aber seine beste Freundin Natalie, zu der ich während der Geschichte eine Art Hassliebe entwickelt habe. Erst fand ich sie nervig, weil sie jeden Satz mit "Süßer / Schatzi / Darling / Babe / andere Kosenamen" einleitet oder beendet. Das machen die anderen teilweise zwar auch, aber eben nicht so exzessiv. Dann wurde ich wärmer mit ihr, weil ich es mochte, wie sie zu sich und ihren Bedürfnissen steht, wie sie Robin den Rücken stärkt, sich aber gleichzeitig nichts von ihm gefallen lässt.
Am Ende hat sie es dann aber für mich leider wieder maßlos übertrieben, denn so schrecklich benimmt sich Robin mit der Drag Sache nun auch nicht und sie ist mir da ein bisschen zu dramalastig. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass sie vielleicht begreifen muss, dass er nicht ihr "token gay" ist.
Robins geheimer Freund, Connor, tat mir anfangs ziemlich leid, weil ich weiß wie es ist, sich nicht vor der ganzen Familie outen zu können. Die Typen, mit denen er sich umgibt, hat er aber selbst ausgewählt und dass er Robin nicht hilft, als dieser von ihnen angegriffen und beleidigt wird, geht gar nicht. Die ganze Beziehung ist nicht gesund, aber zum Glück gibt es den Neuen, Seth, der Robins Herz nicht nur höher schlagen lässt, sondern ihm auch beisteht (und der ein bisschen geheimnisvoll wirkt).
Robins beginnende Leidenschaft für Make-Up und Drag wird vorsichtig größer, wober er anfangs noch unsicher und nervös ist. Das kam total realistisch und natürlich rüber. Er muss viel üben, um besser zu werden, statt gleich ein komplettes und perfektes Gesicht schminken zu können. Die Queens im Club nehmen ihn unter ihre Fittiche und da hat mir besonders gefallen, dass es auch zwei Frauen (eine trans und eine cis) gibt, die Drag machen und dass auch angesprochen wird, wie schwer es Frauen in dieser Kunstform haben. Außerdem gibt es einen Drag King. Ich habe Drag tatsächlich immer als etwas ausschließend empfunden, daher fand ich diese Inklusivität super.
Zum Ende hin gibt es nochmal ordentlich Drama, nicht nur mit Robins bester Freundin, sondern auch mit seiner Mutter, die ich auf einer Seite verstehen konnte, auf der anderen aber etwas überzogen fand.
Der Schreibstil ist typisch Jugendbuch, man fliegt sehr schnell durch die Seiten. Im Anhang gibt es außerdem eine hilfreiche Erklärung der wichtigsten Begriffe, die vielleicht nicht alle kennen können.
Am Ende also eine wirklich schöne Coming of Age Geschichte, mit tollen Charakteren, Drama, Liebe, Freundschaft und einem kleinen Einblick in die Drag Szene. Sehr empfehlenswert.