Wir befinden uns im Jahr 2052 in der Bundesrepublik Europa. Diese steht für eine sichere, hochentwickelte Gesellschaft, voller Wohnstand. Samson Freitag lebt hier mit seiner Freundin Melanie und ist ein absoluter Musterbürger. Für seine Arbeit als Lebensberater ist er regelrecht prädestiniert, denn er tut alles, was in seiner Macht steht, um auch wirklich jeden an seinem Platz zu wissen. Zur Zeit ist er kurz davor, eine Beförderung zu erlangen, einzig ein paar wenige Sozialpunkte fehlen ihm dafür noch, doch diese zu erhalten, dürfte keinerlei Probleme für ihn bereiten. Heute soll er der zwanzigjährigen Martina bei einer Lebensberatung zur Seite stehen, doch für Samson ist beinahe von vorneherein klar, was er der jungen Frau raten wird.
Meine Meinung:
Mit Die Optimierer erschafft die Autorin Theresa Hannig eine interessante Sicht auf eine mögliche Zukunft, bei der ich mir alles andere als sicher bin, ob mir diese gefallen würde. 2052 klingt ja auch eigentlich gar nicht so weit von uns entfernt, umso erschreckender empfinde ich das Weltbild, das hier hervorsticht.
Das Buch lässt sich locker und leicht lesen, denn der Schreibstil der Autorin ist sehr flüssig, modern und gut verständlich. Schnell war ich mitten im Geschehen und konnte den Protagonisten Samson begleiten. Sprachlich folgt die Autorin einer klaren Linie, ohne Schnörkel oder Ausschweifungen und somit ist dieses Buch auch eine perfekte Unterhaltung an einem Nachmittag auf dem Sofa.
Die Geschichte an für sich ist recht spannend, gerade wenn man so verfolgt, was sich in unserer Welt alles verändert hat. Dabei bleibt dem Leser genügend Raum, um sich das Gesamtbild vorzustellen, denn wir erhalten zwar Informationen, wie es aussieht, aber genügend Möglichkeiten, sein eigenes Bild dazu lebendig werden zu lassen.
Viele Ideen, wie die Zukunft aussieht, kann ich mir ebenfalls gut vorstellen, seien es die selbstfahrenden Autos oder die Lebensberater, die jeden Einwohner der Bundesrepublik Europa an seinen Platz verweist. Alles bleibt in einem Rahmen der Möglichkeiten und klingt nicht allzu weit hergeholt.
Erzählt wird die Geschichte durch den Protagonisten Samson, allerdings durch einen personellen Erzähler in der dritten Person. Dieser hält den Leser ein wenig auf Distanz und lässt das Geschehen mit ein wenig Abstand verfolgen. Dieser Abstand ist hier auch perfekt gewählt, denn der Protagonist macht es dem Leser nicht allzu leicht.
Samson Freitag ist ein grauenhafter Mensch, dessen Art es mir sehr schwer machte, ihn auch nur annähernd zu mögen. Er lebt streng nach Vorschrift und er kann es auch perfekt auf andere übertragen, diese nach seinen Ansichten zu drangsalieren. Er ist besserwisserisch, hält sich an die Guten Gesetze und bleibt dabei so engstirnig, dass er gar nicht mehr mitbekommt, wie es den Menschen in seiner Umwelt überhaupt geht. Auf gut Deutsch: ein widerliches kleines A.... ;)
Aber hat man sich halbwegs an diesen Kerl gewöhnt, kommt eine riesige Wende, mit der ich so gar nicht gerechnet habe und ich habe mich dabei ertappt, wie mir immer wieder der Gedanke kam: geschieht ihm Recht. Was passiert und warum, möchte ich allerdings gar nicht verraten, da es einfach zu viel vorwegnehmen würde.
Neben Samson gibt es nur wenige Charaktere, diese sind in erster Linie auch dazu da, zu zeigen, wie es in dieser Optimalwohlökonomie läuft und was alles falsch sein kann. Aber ich würde mal sagen, hier ist jeder an seinem Platz.
Mein Fazit:
Kurzweilig und interessant, dabei bin ich mir letzten Endes gar nicht so sicher, ob es hier eine Utopie oder eine Dystopie sein soll. Geschickt bringt die Autorin hier einen Charakter in den Vordergrund, der dem Leser nicht so recht sympathisch werden will und das mit voller Absicht. Was da genau hintersteckt, möchte ich nicht verraten. Das Buch lässt sich schnell und gut verständlich lesen und bringt gute Unterhaltung, bei der man hofft, dass es vielleicht doch nicht ganz so optimal für das Europa der Zukunft wird. Leseempfehlung!