Klappentext (USA 1770er, Verurteilung und Verbannung, Liebesstory), dann Titel und schliesslich Autor bewogen mich zum Kauf. Autor? Ken Follett! Seiten: moderate 440. Fortsetzung? Ausnahmsweise keine (Trilogie).
Meine Erwartungen wurden aber enttäuscht. Statt auf die Unabhängigkeit der Kolonien vom Mutterland einzugehen oder die Situation von verbannten Sträflingen als Sklaven, artete es in eine seichte Liebesgeschichte zwischen einem Kohlearbeiter und einer Adligen aus. Intrigen und Bösewichte zwar vorhanden, aber sehr sehr zahm. Und dann in den Kolonien - Virginia und Tabak! - wieder irgendwie ein Geplänkel. Ich wurde nicht ganz schlau daraus und ich glaube, auch Ken Follett nicht recht. Dass dann noch Indianer auftauchten, die alles glätteten, irgendwie platt…
Man hatte die ganze Zeit über als Leser das Gefühl, dass ihm, dem Autor, nicht ganz wohl war bei der Story, die sich irgendwie hinzog. Das Ende?
Versandete sprichwörtlich. Man fragte sich hinterher, was die Story eigentlich sein hätte sollen: ein Aufbruch in die neue Welt, ein Bruch mit den Konventionen, ein historischer Ro-man oder ein Prä-Western?
Verglichen mit meinem Western/historischen Roman seichte Kost! Mir kam der Roman so vor, als ob er irgendwie zwischen zwei Trilogien hin-getippt worden wäre. Kein Follett im herkömmlichen Sinne also. Der Autor schien sich alles aus den Fingern saugen zu müssen. Die Story bekam Schnappatmung etappenweise. Warum er das Buch in 3 Teile (auch eine Art Trilogie) unterteilte, ist mir ein Rätsel, drehte sich doch alles um das Liebespaar Lizzie und Mack, die genauso gut im 21.Jahrhundert hätten spielen können. Dazu brauchte es keine Pioniere, Sklaven, Adel, Pöbel. Wenn schon der Schwerpunkt auf "Sklaven-Dienst" gelegt wurde, dann hätte das nicht schon in der Mitte aufhören sollen, da man Mack seinen Sklavenstatus nicht abnahm, und Lizzie ebenso wenig die hochwohlgeborene Aristokratin.
Ein Buch zum Vergessen. Lag wahrscheinlich auch daran, dass die USA als Handlungsort Follett nicht liegen. Die Sätze, die Handlung zäh, die Personen platt, seelenlos. Schade drum.
Ich erwartete etwas in der Art von Howard Fasts "Rachel & der Fremde", wo die Hauptperson unverschuldet die Schulden ihres Vaters mit Frondienst bzw. auf mehrere Jahre verpflichtetem "Sklaven-Dienst" abarbeiten musste (auch in den 1770ern!). Dort wurde deren Schicksal herausgearbeitet. Der einzige Ausweg: entweder heiraten oder sich freikaufen, wie auch immer. Dass nämlich auch Schuldner in den frühen USA zu (weissen) Sklaven wurden wie in Australien auch, scheint für einen Buchplot unpopulär - lieber stürzt man sich auf Liebesgeschichten und Indianermassaker.
Gemäss meiner Autorenfibel wird einzig Ken Follet neben 2 anderen Autoren als typischer Vertreter des historischen Romans genannt. Der historische Roman ist eher eine Art Stiefkind der U-Romane. Denn die meisten sog. HiRos verdienen nicht das Label, weil sie Liebesromane vor einem historischen Hintergrund sind. Und gerade das fiel mir beim Lesen auf: das ist kein richtiger Follett. Wenn ich die Rezensenten so durchlese, verstehe ich durchaus warum sie den Roman mögen: er ist einfach, unterhaltsam, etwas exotisch mit Romanze. Aber ihm fehlt eindeutig das Tiefgründige, das ich bei Follett so schätzen gelernt habe, auch das Komplexe, Vielschichtige. Wenn der Roman schon mit einem Halsring anfängt und sich dann entblättert, dann hätte ich mir gewünscht, dass dem Kapitel Frondienst viel mehr Raum gewidmet worden wäre. Ein Thema, an das sich wenige trauen. Ein schwarzer Sklave ist ok, aber ein weisser Sklave? Da lobe ich mir James Michener, dessen Protagonisten (welcher Farbe auch immer) in Indianer-Gefangenschaft zu deren Sklaven/Leibeigenen mutieren. Das könnte ich mir bei Folletts Romanen nciht vorstellen.