Gerda Thaler. Dreißig, hat eine schreckliche Familie und steht kurz vor dem Selbstmord.
In ‚Für jede Lösung ein Problem‘ geschrieben von Kerstin Gier begleitet der Leser eine Frau, die sich in einer Familie mit vier älteren Schwestern und einer ihre Töchter ewig vergleichenden Mutter unsichtbar fühlt, auf dem Weg zu ihrem gescheiterten Selbstmordversuch und durch das Chaos, das dieser anschließend mit sich bringt. Denn obwohl Gerda, Gerri genannt, ansonsten alles Schritt für Schritt durchplant, hat sie das Scheitern des Versuchs nicht miteinberechnet und ihre Abschiedsbriefe deswegen alle per Post versandt. Leider hat sie in diesen ihren Verwandten, Bekannten und Freunden ordentlich die Meinung gegeigt und da man Gesagtes bekanntlich nicht zurücknehmen kann, muss man mit Konsequenzen leben können…
Als positiv zu bewerten, ist in diesem Buch der klar vorhandene rote Faden. Der Leser wird durch die Umstände geführt, die zu dem Selbstmord führen und anschließend scheint jedes Ereignis natürlicherweise an die richtige Stelle zu fallen. Spannungstechnisch gibt es nicht viel zu bemängeln. Auch wenn man aufgrund des Klappentextes schon von dem zum Scheitern verurteilten Selbstmord weiß, bleibt immer noch Spannung erhalten. Man weiß ja beispielsweise nicht, wieso er scheitert und was genau in den Abschiedsbriefen steht. (Was ich natürlich der Spoiler wegen hier nicht verraten werde ;-) ) Trotzdem ist der Roman etwas vorhersehbar, was bei einem klassischen Frauenliteraturroman natürlich häufig vorkommt und hier nicht viel stört, da man meiner Meinung nach solche Bücher allen voran zur Unterhaltung liest und nicht wirklich Tiefsinniges oder dramatische Plot-Twists erwartet.
Vorhersehbarkeit hin oder her, jeder weiß, dass Kerstin Gier es gut versteht, mit ihrem Schreibstil den Leser Seite für Seite umblättern zu lassen. Schon bei der Edelsteintrilogie (Rubinrot, Saphirblau, Smaragdgrün), eine meiner Lieblingsreihen, war ich endlos begeistert. Speziell in ‚Für jede Lösung ein Problem‘ ist mir die Leichtigkeit des Schreibstils, die ein flüssiges Lesen ohne Anstrengung ermöglicht, aufgefallen und bis auf ein paar ‚Igitts‘ und ‚Wähs‘ im inneren Monolog der Hauptfigur und ein paar direkte Anreden an den Leser, was mir persönlich nicht zusagt, kann ich dem Schreibstil nur zwei Däumchen hoch geben. Besonders gefallen haben mir das ein oder andere raffinierte Wortspiel, welche Gier gekonnt einbaut und wie auf humorvolle Art und Weise das Genre der Liebesromane ein wenig auf den Arm genommen wird.
Was die Figuren angeht, trifft man in diesem Buch auf eine bunte Mischung von Charakteren. Gut umgesetzt wurde, dass alle Figuren konsequent ihre Charaktereigenschaften erfüllen. Das nimmt ihnen das Schemenhafte, was Figuren manchmal haben können. So kauft man der Hauptfigur, Gerda, ihre Strukturiertheit und das Verlangen nach Ordnung und Planung ab, da sie sowohl bei ihrem Job als auch bei der Vorbereitung auf den Selbstmord einem strikten Programm folgt. Die Mutter hat über das gesamte Buch hinweg ein Problem ihre Töchter beim Namen zu nennen. Anstatt Gerda bzw. Gerri, Tine, Lulu oder Rika zu sagen, kommt immer ein Salat aus den Anfangssilben eines jeden Namens heraus. Lu-ti-ri, Ge-ri-lu, Ti-lu-ri usw. Noch dazu kommen Aussagen wie ‚Stell dich nicht dümmer als du bist‘ durch das ganze Buch hinweg vor und verleihen den Figuren das gewisse 3D-Feeling.
Nachdem der Inhalt des Buches betrachtet wurde, hier noch kurz eine Anmerkung zum Äußeren bevor es auch schon zur Endzusammenfassung geht. Das Pinkensemble zusammen mit einem sanften hellblau gefällt mir. Was ich erst nach ein paarmal hinsehen meine verstanden zu haben, ist, dass die Frau auf dem Cover einen Briefumschlag hält, was wohl auf die Abschiedsbriefe anspielen soll, durchaus passend wie ich finde. Genauso wie der Titel, der wahrscheinlich auf die vermeintliche "Lösung", die der Selbstmord bringen soll, der jedoch Probleme mit sich bringt, anspielt.
Alles in Allem hat mir ‚Für jede Lösung ein Problem‘ als Lektüre für zwischendurch gut gefallen. Ich denke man kann es gut lesen, wenn man z.B. gerade eine sehr intensive Fantasy-Reihe hinter sich hat und nicht sofort wieder die Nächste anfangen möchte oder einfach kurz etwas lesen will, wo man nicht viel ‚denken‘ muss. Es ist nichts Bahnbrechendes aber für eine Leseflaute trotzdem ein solider Lesespaß.