Das Cover ist auf jeden Fall eines meiner liebsten aus diesem Jahr und hier haben sich die Grafiker aus dem Lyx-Verlag selbst übertroffen.
Aber noch besser als das Cover gefällt mir der Schreibstil der Autorin, der mich ab Seite 1 in seinem Bann gezogen. Mehwish Sohail schreibt sehr eindringlich und gefühlsnah, wodurch ich mich beim Lesen perfekt in Arwa und Tariq einfühlen konnte, obwohl ich vieles nicht selbst erlebt habe. Ich fand es hier auch sehr hilfreich, dass die erste Hälfte des Buches komplett aus Arwas Sicht geschrieben ist und dann lange am Stück Tariq zu Wort gekommen ist, bevor sich erst zum Ende hin ihre Sichtweise abwechseln, denn beide haben eine komplexe Gefühlswelt.
Arwa ist zu Beginn nach Wien zu ihrer Tante gezogen ist, um dort einen kompletten Neuanfang zu wagen, was ihr aber nicht so ganz gelingen mag. Ich konnte ihre Beweggründe für Wien nach sehr gut nachvollziehen und auch ihren Frust, weil nicht alles nach Plan läuft. Man kann nun mal nicht vor sich selbst fliehen und Arwa hat große Probleme mit neuen Menschen und großen Menschengruppen. Ich hatte oft Mitleid mit ihr, wenn sie sich dann überfordert gefühlt hat, und sie dafür bewundert, dass sie sich deshalb nicht komplett zurückzieht. Es war umso schöner, wie sie neue Beziehungen eingeht und nicht mehr einsam ist. Mit ihrer zurückhaltenden Art kann ich mich in gewissen Maße gut identifizieren und im echten Leben würde ich gerne Zeit mit ihr verbringen. Auch in Tariqs Nähe würde ich mich wohl fühlen, denn er möchte auch jedem eine gutes Gefühl geben. Er ist einfühlsam und sehr aufopferungsvoll, insbesondere wenn es um seine Familie geht. Als Ältester fühlt er sich für seine vier Geschwister verantwortlich, vor allem weil er, genauso wie Arwa, aus einer Pakistani-Familie stammt, wo Familie die wichtigste Rolle im Leben spielt. Bei ihm war es sehr wichtig, auch seine Perspektive zu bekommen, denn innerlich geht es ihm erheblich schlechter, da er seine eigenen Wünsche hinten anstellt und im Zwiespalt ist. Doch immer, wenn er mit seinen Geschwister, Freunden oder Arwa interagiert, ist er liebevoll und humorvoll. Jeder wünscht sich jemanden wie Tariq in seiner Nähe und er hat auf jeden Fall Bookboyfriend-Potential.
Aufgrund der eigenen Probleme von Arwa und Tariq habe ich es geliebt, dass die Autorin den Entwicklungen der beiden so viel Platz einräumt. Es geht hier viel um das seelische Ungleichgewicht der Protagonisten, denn beide kämpfen mit gewissen psychischen Probleme, die man nicht einfach so lösen kann. Heutzutage werden solche Krankheiten immer noch belächelt oder ganz ignoriert, sowie es auch viele Leute im Umfeld von Arwa und Tariq tun. Deshalb finde ich es gut, wenn diese auch vermehrt in Bücher behandelt werden. Dabei macht Mehwish Sohail einen tolle Job und stellt es nicht so hin, dass die Liebe alles lösen kann. Natürlich spielt die aufkeimende Beziehung zwischen Arwa und Tariq trotz allem eine sehr wichtige Rolle im Buch und im Leben der beide. Von Anhieb haben die beiden ein tief gehendes Verständnis füreinander und fühlen sich in Gegenwart des anderen wohl und kommen zur Ruhe. Ich habe jeder ihrer gemeinsamen Szenen entgegen gefiebert, weil sie einfach so süß zusammen sind. Sie sind ehrlich zueinander, selbst wenn es um schwierige Themen geht, und unterstützen einander bedingungslos, auch wenn sie sich selbst etwas anderes wünschen. Es war schön, wie die beiden sich langsam annähern: erst über Nachrichten, dann Anrufen und letztendlich über Treffen. Es passte perfekt zu den Charakteren, dass sie nichts überstürzen und zaghaft im Umgang miteinander sind. Man darf hier kein erotisches Abenteuer erwarten. In meinen Augen passen Arwa und Tariq toll zusammen.
Ein weiterer Grund dieses Buch zu lesen war für mich, dass die beiden aus Pakistani-Familien stammen, die in Österreich leben. Dadurch, dass dies auf die Autorin selbst zutrifft, erleben wir hier eine Own-Voice Geschichte, bei der man viel über pakistanische Kultur lernt wie z.B. Traditionen oder Familiengeflechte. Ich fand dies sehr interessant und aufgrund der engeren Familienverhältnissen bekommt man auch viel von Arwas und Tariqs Familie und der übrigen Wiener Pakistani-Gesellschaft mit. Ich liebe es, wenn in Liebesromanen auch das soziale Leben um die Protagonisten drum herum viel beleuchtet wird.
Insgesamt hat mich die Geschichte in meinem Herzen berührt, indem ich mit den Charaktere, die eine tolle Entwicklung machen, durchgehend mitgefühlt habe. Ich bin super durch die Geschichte gekommen, mir war nie langweilig und auch mit dem Ende bin ich sehr zufrieden. Aber es ist nicht unbedingt ein Buch, das man an einem Stück wegsuchtet. Beim Lesen habe ich einiges über die Gemeinschaft, vor allem die Familienverhältnisse der Pakistani gelernt. Ich kann das Buch jedem nur empfehlen, mit Ausnahme von Personen, die sich von Depressionen getriggert gefühlt. Nun freue ich mich sehr auf die beiden Folgebände der Reihen und bin schon sehr neugierig, wer genau die Protagonisten sein werden. Ich habe zumindest alle Nebenfiguren ins Herz geschlossen.
FAZIT: 4,5/5⭐️
Ruhige Own-Voice-Geschichte, die das Herz berührt