Andreas Eschbach schätze ich schon seit Jahren für seine Fähigkeit, besondere Themen so aufzubereiten, dass sie auch verständlich für die Leserschaft ist, die sich mit bestimmten Themen nicht oder nicht ausreichend auskennen. Eschbach greift Fragen auf, auf die es erstmal kein eindeutiges richtig oder falsch gibt. So auch im neuen Buch mit dem Titel „der schlauste Mann der Welt“.
Wie so vielen jungen Menschen ergeht es Jens Leunich: was fängt man mit seinem Leben an? Welchen Beruf ergreift man und wie wäre es, wenn man so viel Geld besitzen würde, so dass man nicht mehr arbeiten müsste? Bei einem Gelegenheitsjob gelingt es Leunich auf dreiste und fast unglaubliche Weise, eine horrende Summe Geld auf sein Konto zu transferieren. Ihm gelingt die Flucht. Es sind bange Wochen, in denen er aus Angst nicht lange an einem Ort bleibt, oft die Hotels und Länder wechselt, um seine Spur zu verwischen. Und doch: es verfolgt ihn scheinbar keiner. Schnell wird klar: richtig angelegt arbeitet das Geld für ihn, während er nicht arbeiten muss. Stattdessen: er kann nichts tun. So richtig nichts. Kein Buch lesen, kein Sport, maximal eine Reise ins nächste Luxushotel. Gutes Essen und eine lose Gesellschaft ist das einzige, was Leunich sich gönnt. Kontakt hält er weder zur Familie noch zu Freunden, nur allein zu seinem Finanzberater. Eine Beziehung raubt ihm fast das ganze Vermögen, der Sohn des Finanzberaters und eine Finanzkrise tun ihr übriges: Leunichs Luxusleben steht vor dem Aus. Ähnlich einem Geständnis will er seine Memoiren aufschreiben. Und gibt sich dafür Tage, bevor er sein Leben beenden will.
Leunichs Geschichte ist eine fiktive, die mich hat lange nachdenken lassen. Das Thema des Nichts tun ist so vielschichtig. Allein der Fakt, wieviel man zum Leben benötigt. Hier hat jeder Mensch andere Bedürfnisse aufgrund unterschiedlichster Lebenssituationen. Ob Kinder, Hobbys, usw: hier berechnet jeder seinen Grundbedarf anders. Aber benötigt man diesen Grundbedarf überhaupt, wenn man nichts tut? Denn auch um das reine Nichtstun und dessen Auswirkungen geht es hier in diesem Buch. Was bedeutet nichts tun? Keinen Hobbys frönen. Also kein Sport, kein Lesen, kein Häkeln. Vielleicht wie Jens Leunich es tut: meditieren. Vielleicht noch in ein anderes Hotel umziehen. Aber sonst: nichts. Ich habe mir die Frage tatsächlich selbst gestellt: was, wenn du nicht mehr arbeiten müsstest, und ein bedingungsloses Grundeinkommen hättest: womit würdest du deine Zeit verbringen? Endlich mal den Bücherstapel angehen? Mal die Pullis häkeln, die seit Monaten ihr trauriges Dasein fristen? Oder wird einem so schnell langweilig, dass man doch wieder was lernen will, arbeiten, reisen, Sport treiben? Nicht jeder Mensch ist für das Still sitzen geschaffen. Der Ansatz, dass sich viele Probleme lösen, wenn man nicht mehr arbeitet, kann ich nur bedingt zustimmen. Sicherlich, man muss sich nicht mit dem Weg zur Arbeit oder den Kollegen auseinander setzen. Aber was, wenn keiner mehr arbeitet? Wer stellt Lebensmittel her? Und wie versorgen wir uns mit den lebensnotwendigen Mitteln? So muss ein Teil doch arbeiten. Aber hier stellt sich auch die Frage: was ist ein gerechter Lohn? Welche Arbeit ist wieviel wert? Wir sind mit vielen Themen leider noch nicht so weit, wie wir sein könnten und müssten.
Das Thema, das der Autor Andreas Eschbach hier anspricht, ist so vielschichtig, und eine für alle abschließende und vor allem gerechte Lösung wird es vorerst nicht geben. Dafür ist das Thema zu komplex. Aber: die Diskussion ist wichtig, wie wir in Zukunft unsere Freizeit, aber auch unsere Arbeitswelt gestalten wollen.