Rezensionsexemplar
Inhalt
Die 18jährige Maja Norberg steht nach einem Blutbad in einem Stockholmer Gymnasium vor Gericht. Sie hat geschossen, und unter den Toten sind ihre beste Freundin Amanda, ihr Freund Sebastian und der Lehrer Christer. Obwohl sie einst so beliebt war, wurde sie durch diese Bluttat zur meistgehassten Person in Schweden. Doch ist der Fall wirklich so klar? Ist Maja wirklich eine Mörderin?
Als ich von der neuen Netflixserie „Quicksand“ gehört und mir angeschaut habe worum es geht war ich sofort Feuer und Flamme. Die Thematik klang unfassbar spannend und ich wollte direkt einmal hineinschauen. Nachdem ich eine Folge gesehen hatte, habe ich mich ein bisschen näher damit beschäftigt und herausgefunden, dass es eine Buchvorlage dazu gibt. Nachdem ich die zweite Folge der Serie geschaut habe war mir klar, dass für mich das Buch wahrscheinlich besser funktionieren würde. Ich habe zufällig gesehen, dass NetGalley den Titel anbietet und das E-Book angefragt. Herzlichen Dank für das Rezensionsexemplar! Kaum hatte ich es heruntergeladen habe ich zu lesen begonnen und letztlich auch nicht einmal drei Tage gebraucht, um die Geschichte zu beenden.
Ich muss sagen, dass ich zu Beginn wirklich große Schwierigkeiten mit dem Buch hatte. Man spürt beim Lesen diese Spannung, man weiß einfach nicht was passiert ist und möchte um jeden Preis herausfinden, wohin die Geschichte sich wenden wird. Was ist in diesem Klassenzimmer passiert? Was hat Maja dazu veranlasst zu schießen? Welche Gründe hatte sie? Hatte sie überhaupt irgendwelche Gründe? Wie hat sich ihre Persönlichkeit so sehr verändert, dass sie zur Mörderin werden konnte? Diese unterschwellige Spannung ist auf jeder Seite zu spüren.
Doch Maja, die eigentlich Maria heißt, ist keine Sympathieträgerin. Sie ist eine anstrengende, verwöhnte, reiche Göre. Fast all ihre Gedanken sind komplett privilegiert. Sie beschwert sich über ihr ach so hartes und schweres Leben. Sie lässt zutiefst rassistische Gedanken zu und merkt es nicht einmal. Sie ist unglaublich anstrengend und nervtötend. Zu Anfang ist auch ihre Ausdrucksweise unglaublich harsch und wütend. Ihre Art und Weise fand ich furchtbar. Als hätte sie überhaupt kein Interesse daran, wie ihre eigene Verhandlung verläuft und was das alles mit ihr zu tun hat. Sie wirkte so abgeklärt und fertig mit allem. Ich habe sie erst im Verlauf der Geschichte nach und nach zu verstehen gelernt. Langsam aber sicher hat sich die Tragik und Dramatik all dessen, was geschehen ist, herauskristallisiert und der Zorn in Maja wird zu etwas anderem: Angst, Verzweiflung, Schuld.
Letztlich jedoch habe ich ganz am Ende ein Gefühl für Maja bekommen. Sie ist ein junges Mädchen, das vor der Tat völlig allein gelassen war. Sie fühlte sich einsam, verzweifelt, hilflos. Sie wusste nicht in welche Richtung sie sich wenden soll und hatte niemanden, der sie auch nur ansatzweise verstehen oder ihr helfen konnte. Sie war völlig allein und auf sich gestellt. Man neigt als Leser dazu, diese Situation und ihre Gefühle dazu zu nutzen Maja zu verurteilen: schließlich hat sie geschossen. Doch so einfach ist es in diesem Fall nicht. Es ist so viel komplizierter und das wird erst nach und nach und nach deutlich. Es wird erst ganz am Ende klar, was geschah und wie es dazu kommen konnte.
Ich fand den Aufbau der Geschichte wirklich gut. Die Erzählung ist ganz und gar nicht linear. Nichts wird Schritt für Schritt erklärt und dargestellt. Maja lässt den Leser an allen möglichen Erinnerungen teilhaben, vor der Tat, nach der Tat und erst langsam entstehen Zusammenhänge. Es wird bruchstückhaft deutlich wie sich alles zu dieser Tragödie hochgeschaukelt hat und das hält die Spannung der Geschichte aufrecht.
Bis es jedoch erst soweit ist, dass die Spannung ordentlich an Fahrt aufnimmt, habe ich sehr mit der Handlung kämpfen müssen. Erst gegen Ende wird klar, wie alles zusammenhängt, doch der Weg dorthin war für mich zu lange. Ich bin nur schwer mit Maja und ihrer Art und Weise zurecht gekommen und es hat über die Hälfte des Buches gebraucht, bis ich sie ansatzweise verstehen konnte. Es war mir teilweise einfach viel zu anstrengend ihr zu folgen und auch wenn ich im nachhinein den Aufbau des Buches super fand, weil es ein genialer Gedanke der Autorin war, war mir die Erzählweise während des Lesens teilweise einfach zu viel und zu durcheinander.
Fazit
Der Autorin ist es gelungen, mich mit dem Ende der Geschichte zu überzeugen. Zu Anfang habe ich mich durch die Seiten gequält, doch gegen Ende wurde die Spannung immer größer und das rätseln, was tatsächlich im Klassenzimmer passiert ist, stärker. Die Erzählweise ist sehr gut gewählt und Maja wird erst langsam zu einer Person, die man verstehen kann und mit der man mitfühlt. Es ist eine Reise, die nur langsam voran geht und deshalb für mich nicht zu dem Highlight werden konnte, das es hätte sein können. Trotzdem muss ich nach dem Ende sagen, dass ich den Thriller sehr empfehlen kann. Er ist anders als man es vielleicht erwartet, schriftstellerisch sehr gut und wird mir in jedem Fall im Gedächtnis bleiben.