Was soll ich über ein Buch erzählen, dass mehr als 900 Seiten hat? Lest es – unbedingt – es lohnt sich in jedem Fall!
Waringham im Jahr 1238. Die junge Adela of Waringham teilt das Schicksal vieler Frauen ihres Standes, sie soll „gut“ verheiratet werden. Aber dafür fehlt ihr das nötige Rüstzeug: „höfische Manieren“. Und diese Manieren soll sie als Hofdame von Eleanor Plantagenet, Tochter des grausamen Königs John von England und Schwester des derzeitigen Königs Henry III., erwerben. Eleanor ist nicht nur die Schwester des Königs Henry, sondern auch die Ehefrau des charismatischen Simon de Montfort. Henry der III. ist ein schwacher König, der sein Volk trotz Seuchen und Hungersnöte ausquetscht, um seine spektakulären Bauwerke, oder eine Krone für seinen zweitgeborenen Sohn zu finanzieren.
„Jeder König kann ein Tyrann werden, wenn seine Macht unbegrenzt ist, ganz gleich, mit welch guten Vorsätzen er seine Herrschaft beginnt. Denn Macht vergiftet die Seele“
Simon dagegen ein Ehrenmann, Reformer und die Stimme des Volkes, sieht nur eine Möglichkeit diesen Wahnsinn zu stoppen: eine Rebellion gegen die Krone, was schließlich in einem Krieg und einem Zwist, der sich quer durch viele Familien zieht, mündet.
Zwischenzeitlich wurde Adela mit einem Ritter von Simon de Montfort verheiratet, aber leidenschaftliche Gefühle hegt sie nicht für ihren Gatten, sondern für Bedric, ihrem Milchbruder, der als Leibeigener auf den Feldern von Waringham schuftet. Gibt es eine Hoffnung für diese verbotene Liebe und kann Bedric sich aus dem Joch der Leibeigenschaft befreien? Welche Bedeutung kommt dabei Simon de Montfort zu, gelingt es ihm die Rebellion gegen Henry erfolgreich zu beenden und was hat es mit dem legendären Drachenbanner auf sich?
„Drachenbanner“ ist der siebte Teil der Waringham-Saga, und knüpft nahtlos an die „Teufelskrone“ an, die zeitlich dem Zwist von Richard Löwenherz und dem grausamen König John, dem Vater von Eleanor und Henry III., zuzuordnen ist. Wobei jeder Band der Waringham-Saga eine abgeschlossene Geschichte für sich ist und deswegen auch einzeln zu lesen ist.
Im Mittelpunkt vom „Drachenbanner“ stehen sowohl Adela of Waringham und Bedric, als auch Prinzessin Eleanor und ihr Gatte Simon de Montfort, dem Anführer der revolutionären Bewegung in England. Adela und auch Eleanor leben in einer Zeit, in der Frauen für das, was ihnen wichtig ist, kämpfen müssen: Für die Liebe aber auch für die Freiheit, denn ohne Freiheit gibt es keine Liebe! Beide sind starke Frauenfiguren, mit denen sich der Leser gerne identifiziert, mit denen er hofft, liebt und „kämpft“ oder für sie für die eine oder andere geschickte Intrige bewundert, die für ihre Sache nötig ist. Diesen zwei starken Frauenfiguren stehen zwei ebenbürtige Männerfiguren gegenüber: der charismatische Simon de Montfort aber noch mehr Bedric, ein wahrer aber unscheinbarer Held! Rebecca Gable hat auch die übrigen Charaktere, die sie hilfreich in einem dem Roman vorangestellten Personenregister erklärt, wunderbar authentisch entwickelt.
Rebecca Gable ist eine Meisterin in der historischen Fiktion. Es gelingt ihr perfekt, historische Personen (Prinzessin Eleanor und Simon de Montfort) und Ereignisse mit Fiktion zu vermischen, so dass der Leser sich in seiner Phantasie durchaus vorstellen kann, dass sich die Geschichte um Adela und Bedric tatsächlich so abgespielt hat. Die Autorin schreibt spannend und lässt den Leser in dem Roman aus verschiedenen Perspektiven auf das Geschehen blicken, so dass er sich mitten im Geschehen fühlt.
Fazit: Rebecca Gable gelingt es überzeugend, den Leser zu fesseln und auf eine emotionale Reise mitzunehmen. „Drachenbanner“ ist ein abwechslungsreicher, gut ausgefeilter historischer Roman und bietet einige Überraschungen. Er hat alles, was der Leser erwartet: Eine epische Geschichte voller politischer Verstrickungen in Zeiten des Umschwungs, dramatische Schicksale und leidenschaftliche Gefühle inclusive einer verbotenen Liebe. „Drachenbanner“ macht deutlich Lust auf mehr und ich kann es kaum erwarten, eine Fortsetzung der Waringham-Saga in meinen Händen zu halten.