Mir fiel das Buch quasi vor die Füsse. Ein Strassenfund, der mir trotz Regen und dem wunderbaren roten Layout ins Auge fiel. Die Erstleserin liess in ihrer Enttäuschung (!?) sogar den Kaufbeleg drin (2016).
Ich tat mich echt schwer, mit Lesen anzufangen. Aber als ich so gut 30 Seiten hatte, zog es mich hinein zwar in die Ära, aber die 1100 Seiten schreckten mich doch ab...
Robin und Mortimer, Könige und Adel, Pferde und Natur, Liebe und Zwietracht, Familie. Alles eigentlich, was man von einem U-Roman erwartet - nur eben nicht historisch genug! Ich meine, die Waringhams und ihr Umfeld sind ja ok, nur finde ich es schade, dass ein Buch 1100 Seiten umfasst, wenn auch über eine Zeitspanne von 30 Jahren.
Da ich selbst historische Romane schreibe und neugierhalber auch lese, fiel mir der Unterschied zwischen einem Ken Follett, der ja auch 1000+ Seiten umfasst je Band, und einem Gablé auf: die Tiefgründigkeit. Anders kann ich's nicht beschreiben. Und mir persönlich liegt eher ein Follett. Warum? Weil ich es übertrieben finde, eine Schlacht oder ein Ereignis auf knapp 3 Seiten abzuhaken. Wenn Mortimer und Robin miteinander kämpfen, egal ob als Kids oder als gestandene Männer, dann ist absehbar, da ja gut 2/3-Buch vor einem noch liegen, dass das nach 3 Seiten vorbei ist und Robin als Sieger hervorgeht oder so.
Was mir auch auffiel war, dass sich die Autorin auf 4 Charaktere beschränkt hat, die sie immer wieder als Reinkarnation in der wachsenden Familie verwendet. Ist zwar logisch, aber langweilig und vorhersehbar! Da wundere ich mich nicht, dass die Erstkäuferin - genau wie ich - in der Mitte bzw. im 2.Kapitel (-1376) - kapitulierte, d.h. das Buch hinschmiss; genau da klappte das Buch beim Aufschlagen ja auf.
Im Nachhinein, nachdem ich es zu Ende gelesen habe, bestätigte sich mein Verdacht über die Erstleserin, denn auch ich fand nach dem 2.Kapitel, es sei alles gesagt, die Neugier aufs Mittelalter gesättigt, eine Fortsetzung unnötig. Aber jeder sieht das anders.
Auf der Website der Autorin las ich, dass der Verlag ihr sogar 300 Seiten gestrichen hat - Gott sei Dank! Aber dass die Waringham-Saga insgesamt 6 Teile umfasst, hat mich umgehauen, genügte mir doch der 1 Teil vollends.
Was Königs & Co. angeht: Nun ja, interessante Einsprengsel, aber zu dürftig, genauso wie die Personen. Vielleicht gehe ich von mir aus oder von Ken Follett - nein, ich bin kein Fan! -, aber ein historischer Roman sollte nicht voller Action sein, Scharmützeln, die nur 3 Seiten dauern und dann wie ein Film weitergehen. So was törnt ab. Dass das Lektorat oder der Verlag nicht bemerkt hat?
Bei so vielen historischen Personen kommt man rasch durcheinander, auch wenn am Ende und Anfang des Buches eine Ahnentafel und ein "Who ist Who" stehen. Da lobe ich mir Karl May, wo regelmässig Fussnoten erklärten, was Sache ist. Schade, dass das heutzutage offensichtlich überholt ist. Denn wer hat schon Zeit und Geduld, immer wieder nach vorn oder hinten zu blättern, wer nun wer ist.
Was den Titel angeht, finde ich ihn unpassend. Was hat das Ganze mit Glück oder der Göttin Fortuna zu tun? Es liegt ja auf der Hand, dass der Helden-Clan gewinnt, oder? Na ja, vielleicht waren die Agenten oder der Verlag anderer Meinung, weil ja nicht jeder Autor seinen Titel durchbringt. Die restlichen 5 Teile sind da treffender, so vom Gefühl her. Ist aber Ansichtssache.
Wenn ich so die Inhaltsangabe der restlichen Teile durchgehe, würde mich nur einer reizen, der letzte Teil: "Der Palast der Meere". Aber auch da ist wahrscheinlich die rasche Abhandlung von Freud und Leid vorprogrammiert. Dennoch wäre es interessant ins Zeitalter von Elisabeth I abzutauchen, mit einer weiblichen Heldin.
Von einer Autorin, die Mediävistik studiert hat, hätte ich mehr erwartet. So kommt es mir vor, als ob sie wie ihre grossherzigen Romanhelden statt Fakten streut. So gesehen stimmt das, was die Branche über historische Romane sagt: "Nur wenige wie Follett verdienen das Prädikat "Könner".
Die Story beginnt damit, dass Robin 12 Jahre alt ist und zurückkommt aus dem Kloster. Und etwas später auch seine jüngere Schwester Agnes. Schon dort fangen die Klischees an, entsprechen aber überhaupt nicht dem Alter. Man spürt - ich zumindest - sofort, dass das unmöglich ein 12jähriger Junge sein kann, der so verantwortungsbewusst , nüchtern und sachlich sein Leben meistert. Ebensowenig seine jüngere Schwester Agnes, die mit 10 oder 11 Jahren schon eine Art "Kräuterhexe", heilkundig ist und sogar allein eine Geburt meistern kann! Also wirklich, das passt zwar in die Dramaturgie, aber ist jenseits aller Logik. Sich vorzustellen, dass ein Mädchen allein eine Entbindung meistert, na ja...
Als "Ponyhof-Romanik 700 Jahre vor unserer Zeit "würde ich das Ganze beschreiben. Ein Jugendlicher oder ein Kind könnte sich dafür zwar erwärmen, aber auch denen wäre es zu wenig faktisch. Gablés Liebe zu Pferden dringt durch jede Seite - fast posttraumatisch. Klar, jedes Mädchen träumt von Pferden, aber der Traum endet mit dem Erwachsenwerden. Gablé scheint das aber nicht überwunden zu haben.
Wenn ich mir die Figuren übe die Zeit vergleiche, fällt mir einfach auf, dass sie, die Autorin, von sich aus ging, und nicht die Figuren ihrem Alter gemäss beschrieb.
Nein, ich würde das Buch keinem empfehlen, der keine oberflächlichen Geschichten mag! Denn es ist sehr oberflächlich.