Während der Regierungszeit Heinrichs VIII. gerät auch Nicholas of Waringhams Vater ins Visier der Mächtigen, denn dieser neigt zu gefährlichen Ansichten in Glaubensfragen. Obwohl Nicholas von Sir Thomas More persönlich, bei dem er unterrichtet wird, nach Hause geschickt wird, um seinen Vater zu warnen und zur Umkehr zu bitten, bleibt Nicks Vater im Stillen ein Anhänger des neuen Glaubens, denn er verachtet die kirchlichen Würdenträger, die das Volk ausbluten lassen. Nach außen hin gibt er sich jedoch friedlich- umso größer ist das Erschrecken der Waringham Familie, als ihr Oberhaupt doch noch abgeführt und in den Tower gesperrt wird. Nicholas gelingt es jedoch, kurz bevor sein Vater an den schweren Folterungen die ihm zugefügt wurden stirbt, letzte Worte mit diesem zu wechseln und er erfährt, dass es keinesfalls seine Einstellung in Glaubensfragen war, die ihn in den Tower brachte.
Nicholas schwört Rache- als getreuer Anhänger von Prinzessin Mary, die zusammen mit ihrer Mutter, Königin Katharina (im Roman als Catalina bezeichnet) hat er es jedoch alles andere als leicht. Zudem bringt sein vorlautes Mundwerk ihn sehr oft in arge Bedrängnis- einige Male sogar in Lebensgefahr, denn Oliver Cromwell, einer der ehrgeizigen und grausamen Schergen des Königs, versucht alles, um dem König den Weg zu einer Ehe-Annullierung zu ebnen und Nicholas ist Cromwell dabei ein besonderer Dorn im Auge. Als Heinrich sich von der katholischen Kirche lossagt und nun als Oberhaupt einer reformierten Kirche fungiert, glaubt er sich am Ziel seiner Wünsche.
Er lässt seine Ehe mit Katharina für ungültig erklären, degradiert seine Tochter Mary damit zu einem Bastard und heiratet Anne Boleyn, die ihm endlich einen ersehnten, männlichen Thronfolger schenken soll. Damit beginnen gefährliche Zeiten für Mary, doch sie hat immer noch ihren getreusten Gefährten Nicholas, der Mittel und Wege findet, um ihr beizustehen. Währenddessen kommen sich Nick und Polly, eine Magd in seinen Diensten, näher- Polly wird dabei schwanger und durch gewisse Umstände wird Nick etwas später genötigt, Polly zu heiraten. Doch es ist keine Liebe, die er für sie empfindet. Wahre Liebe findet er viele Jahre später, doch da scheint es, als ob das Glück Nicholas verlassen hat und er nur ein weiteres adliges Opfer sein wird, dass seinen Kopf auf Befehl des Königs verliert. Oder wird Nicholas seinem Henker noch einmal entkommen können?
„Der dunkle Thron“ ist zwar ein neuer Teil der beliebten Waringham Reihe der Autorin, doch er knüpft keineswegs am Vorgängerband „Das Spiel der Könige“ an, sondern spielt knapp 74 Jahre später, als der dritte Teil der Waringham Saga beginnt und erzählt die Geschichte von Nicholas of Waringham. Wie immer gibt es an Rebecca Gable’s Schreibstil nicht viel zu rütteln- er ist eingängig und mitreißend. Auch dieses Mal hat sie mit diesen Zutaten einen unterhaltsamen historischen Schmöker geschaffen, den ich mit großem Interesse gelesen habe. Positiv ist auch hervorzuheben, dass sie ihren Romanhelden nicht im engsten Freundeskreis des Königs integriert hat, sondern dass seine uneingeschränkte Loyalität stattdessen der Königin und ihrer Tochter Mary gilt.
Dennoch gibt es auch ein paar Kritikpunkte, die ich nicht unter den Tisch kehren möchte, auch wenn ich ein Fan der Autorin bin. Es ist sicherlich ein Pluspunkt, dass Nicholas kein bequemer, durch und durch guter Mensch ist, sondern seine Fehler und Macken hat, doch manches Mal empfand ich sein Verhalten etwas widersprüchlich. Auf der einen Seite steht seine unverbrüchliche Treue zur Königin und deren Tochter und benimmt sich wie ein Mann von Ehre- auf der anderen Seite behandelt er seine Frau, die ehemalige Dienstmagd Polly dagegen wie ein Mensch zweiter Klasse. Sicherlich kann man nachvollziehen, dass Menschen dieser Epoche, besonders Adelige ihre bürgerlichen „Untergebenen“ nicht gerade mit Samthandschuhen anfassten, doch Nicholas Gleichgültigkeit und manche seiner gefühlskalten Äußerungen, passten nicht wirklich ins Gesamtbild seiner Figur.
Was mir normalerweise immer gut an Gable’ s Romanen gefällt, ist wie geschickt sie Historie und Fiktion miteinander verbindet, wie gut ihre Romane recherchiert und vor allem wie umfangreich sie sind. Etwas befremdlich fand ich daher die recht einseitige Beschreibung von König Heinrich VIII. Sicherlich mag er kein Sympathieträger gewesen sein, doch selbst ein „Ungeheuer“ in Menschengestalt (die Autorin versäumt es nicht in ihrem Nachwort darauf hinzuweisen, wie sehr sie Heinrich VIII. verabscheut) wird sicherlich mehr charakterliche Facetten aufzuweisen haben. Es wird zwar erwähnt, dass er gerne Theater spielte und großes Geschick in Turnierkämpfen bewies, doch über die Dinge die ihn antrieben, erfährt man stattdessen nichts. Diese Sicht auf den englischen König war mir persönlich etwas zu einseitig- zudem fand ich es befremdlich, dass immer wieder die Rede vom „dicken“ Heinrich war. Dabei galt er als gut aussehender und attraktiver (vor allem sportlich schlanker) König bis er 1536 einen Turnierunfall hatte, da war er bereits 45 Jahre alt! Diese Verletzung zwang ihn schließlich dazu, seine sportlichen Aktivitäten aufzugeben und erst danach ging er langsam aber sicher in die Breite.
Ebenfalls seltsam fand ich diverse Romanabschnitte- während manche Geschehnisse recht ausführlich geschildert werden, erfährt man andere wichtige Dinge nur in kurzen Rückblenden, hier hätte ich mir mehr Fingerspitzengefühl gewünscht. Trotz allem ist meine Kritik hier Kritik auf hohem Niveau, selbst ein Gable’ Roman mit kleinen Mängeln, ist immer noch besser, als so manch anderer Historienschmöker. Ich bin schon sehr gespannt darauf, wie es mit den Waringhams weitergeht und hoffe, dass die Autorin den Herrscher/die Herrscherin in ihrem nächsten Buch ein wenig facettenreicher gestalten wird.